Hintergrund zum Projekt „Sommerrodelbahn am Feldberg“

 

An der ehemaligen Nordbahn des Feldbergs soll nach dem Wunsch des Investors und Herstellers Josef Wiegand eine Sommerrodelbahn vom Typ Alpine-Coaster gebaut werden.

Investor stellt Projekt vor

Das Projekt wurde anlässlich einer Bürgerversammlung am 14. März 2012 der Öffentlichkeit in Schmitten vorgestellt. Diese Versammlung wurde von ca. 140 Personen besucht. Im Rahmen der Präsentation und in der anschließenden Diskussion wurden von der Marketingleiterin des Herstellerbetriebs und vom Investor folgende Argumente für das Projekt genannt:

 

  1. Die Gemeinde Schmitten könne mit 20.000.- bis 30.000.- Euro Gewerbesteuereinnahmen aus dem Betrieb der Bahn rechnen.
  1. Die Investition in Höhe von ca. 1.5 Millionen Euro würde zu einer allgemeinen Belebung des Umfeldes führen. Besonders Gastronomie und Hotellerie würden vom Alpine-Coaster profitieren.
  1. Der Eingriff in die Natur sei minimal, der vorhandene Parkplatz sei nach Ertüchtigung ausreichend.
  1. Der Investor wird weitere Attraktionen bauen, die zusätzlich Gäste anziehen werden. An der Talstation werde auch die gastronomische Versorgung der Besucher sichergestellt.
  1. Referenzbetriebe wie der Odenwaldbob in Wald-Michelbach zeigen, dass eine ganze Region von einem Alpine-Coaster profitiere. Im Umfeld würden Gaststätten, Hotels und Tankstellen unmittelbar von den Besuchern der Bahn profitieren. Immerhin würden bei gutem Wetter durchaus 2.000 bis 3.000 Besucher täglich erwartet.

Viele Anwesende und auch die Presse beurteilten die Stimmung auf dieser Bürgerversammlung als mehrheitlich positiv für den Bau des Alpine-Coasters.

Kosten der Bauplanung soll Investor zahlen

Die Gemeindevertreter haben in Ihrer Sitzung am 16. Mai 2012 auf Wunsch des Investors einen Beschluss gefasst, der den Gemeindevorstand beauftragt, einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan auf den Weg zu bringen. Die Kosten des Verfahrens soll der Investor tragen, dieser habe das auch zugesagt.

Seit diesem Beschluss und der Bürgerversammlung sind nunmehr viele Monate vergangen. Bis heute hat der Investor keine Belege für seine Behauptungen, insbesondere in Bezug auf zu erwartende Steuereinnahmen vorgelegt. Die Befürworter des Projektes in der Gemeinde haben ebenfalls keine greifbaren Daten und Fakten vorgelegt, die eine Belebung der Gemeinde erwarten lassen. Wichtigstes Argument für das Projekt ist die Förderung des Tourismus in der Gemeinde, der von den Befürwortern als bedeutender Wirtschaftsfaktor dargestellt wird. Eine Sommerrodelbahn soll laut Aussagen der Befürworter eine „Initialzündung“ für den Tourismus auslösen.

Erstes Angebot „lächerliche“ 500 Euro pro Monat

In einer Pressekonferenz Ende November 2012 hat nun aber Bürgermeister Marcus Kinkel die Öffentlichkeit informiert, der Investor wolle den Bebauungsplan erst in Auftrag geben, wenn die Gemeinde den vom ihm gewünschten Pachtvertrag vor Einleitung des Bauleitverfahrens unterschreibe. Als Pacht für das benötigte Areal seien 6.000.- Euro pro Jahr angeboten worden; das sind gerademal 500,- Euro pro Monat.

Der Bürgermeister hat klargestellt, dass diese Summe für ihn „lächerlich“ ist und er auf keinen Fall vor Klärung der wichtigsten Fragen einen Pachtvertrag unterschreiben möchte.

Selbstverständlich werde er sich aber einer Entscheidung der Gemeindevertretung zum Abschluss eines solchen Vertrags beugen. Als Bürgermeister könne er durch den Bau des Alpine-Coasters keine Vorteile für die Gemeinde sehen. Die Gastronomie würde eher unter der Konkurrenz an der Bahn leiden, steigende Übernachtungszahlen seien nicht zu erwarten, schließlich sei ein Alpine-Coaster eine Attraktion für Tagestouristen. Als Nachteile nannte Herr Kinkel zusätzliches Verkehrsaufkommen, geringere Einnahmen aus der Jagdpacht und das Entstehen eines Freizeitparks, der mit  den Zielen des Naturparks Taunus nicht vereinbar sei. Mit den in Rede stehenden Gewerbesteuereinnahmen sei nach Aussagen seiner Amtskollegen an anderen Standorten nicht zu rechnen, der vorhandene Parkplatz müsse nach deren Auskunft  auf die mindestens vierfache Kapazität ausgebaut werden.

Mittlerweile hat der Investor sein Angebot angeblich auf 25.000,- pro Jahr erhöht. Auch dies dürfte die Jagdpachtausfälle und Investitionskosten der Gemeinde kaum decken.

Angebliche Vorteile halten einer Prüfung nicht stand

Eine kritische Betrachtung der Argumente, oder besser Wünsche, der Befürworter zeigt, dass die Ausführungen des Bürgermeisters wohl begründet sind:

  1. Die vom Investor genannten Zahlen sind wahrscheinlich nicht realistisch. Belege zu Steuereinnahmen wurden bis heute nicht vorgelegt, Bürgermeister anderer Standorte haben diese Zahlen nicht bestätigt.
  1. Eine allgemeine wirtschaftliche Belebung dürfte kaum zu erwarten sein. Die Gastronomie in den Ortsteilen wird nicht profitieren, wenn die Gäste an der Bahn versorgt werden. Diese Belebung ist auch an anderen Standorten nicht belegt. In Wald-Michelbach z.B. liegen die Übernachtungszahlen, nach einem Anstieg in den Jahren 2010 und 2011, für die Monate Januar bis September 2012 um gut 9% unter denen des Jahres 2009, dem letzten Jahr ohne Alpine-Coaster.
  1. Große Teile des Waldgebiets müssen wohl gerodet werden. Der Parkplatz an der Nordbahn muss angeblich deutlich vergrößert werden. Da die Bahn nicht dem Verlauf der Nordbahn folgt, nutzt sie auch nicht den bereits gerodeten Bereich.
  1. Weitere Attraktionen stellen den Einstieg in einen Freizeitpark dar. Ein Rummelplatztourismus dürfte mit Zielen des „Naturparks Hochtaunus“ kaum vereinbar sein.
  1. Der Verkehr in Oberreifenberg dürfte sich drastisch erhöhen. Der Investor rechnet mit 2000 bis 3000 Besucher am Wochenende.
  1. Die Situation in Wald-Michelbach ist mit der von Schmitten nicht vergleichbar. Wald-Michelbach ist ein strukturschwaches Gebiet mit starker Ausrichtung auf den Tourismus. Das Einkommensniveau liegt deutlich unter dem Schmittens. Schmitten dagegen ist eine Wohngemeinde, die finanziell sehr stark von der Einkommensteuer der Bevölkerung abhängig ist. Im Umfeld Schmittens gibt es durchaus viele Tagestouristen, die Gemeinde profitiert von diesen Besuchern aber kaum. Wanderer und Spaziergänger sind z.B. in Treisberg wichtige Kunden der Gastronomie. Ein Alpine-Coaster an der Nordbahn wird aber ganz sicher keine Gäste nach Treisberg bringen. Die Hotelbetreiber haben selbst bekundet, ihre Gäste seien nicht einmal zu 10% Touristen, die Mehrheit sind Messegäste, Tagungsteilnehmer und Monteure. Auch auf diese Klientel wird ein Alpine-Coaster kaum Anziehungskraft ausüben.

Appell an die Gemeindevertretung

Mit einem Apell unter www.openpetition.de wenden wir uns deshalb an die Gemeindevertretung, die Entscheidungen in Sachen Sommerrodelbahn transparent zu gestalten. Es müssen jetzt alle Fakten auf den Tisch. Erst dann ist eine sachliche parlamentarische und öffentliche Erörterung des Projektes und dessen Vor- und Nachteile für die Gemeinde überhaupt möglich.

Der Investor soll aufgefordert werden, unverzüglich Belege für seine Versprechungen (z.B. in Bezug auf Steuereinnahmen) vorzulegen. Dies können Gewerbesteuerbescheide für Rodelbahnen an anderen Standorten sein (z.B. Wald-Michelbach).

Wichtig ist zudem eine realistische Standortbestimmung der Gemeinde in Bezug auf die Bedeutung des Tourismus und dessen zukünftige Ausrichtung in Schmitten.